Geschichte der Waffe und des Sports
Das Wort Naginata bezeichnet zweierlei Dinge, eine bestimmte Waffe und einen modernen Budo-Kampfsport, bei dem mit der Waffe Naginata gekämpft wird. Die Trainingswaffe imitiert dabei eine historische Naginata, wie sie zum Beispiel von Samurai und Sohei (Kriegermönche) auf dem Schlachtfeld verwendet wurde. Das bedeutet, dass eine Naginata - sowohl die Trainingsvariante als auch die historische Form - aus einem langen Griff (über zwei Meter) und einer Schwertklinge an einem Ende besteht. Schematisch dargestellt, gibt es drei wichtige Formen:
Die oberste Form besteht vollständig aus Holz und wird unter anderem zum Üben der sogenannten Zen Nihon Naginata Kata benutzt. Diese Naginata-Variante imitiert eine historische Naginata (unterste Waffe im Schema), bei der der Schwerpunkt möglichst in der Mitte der Gesamtwaffe liegt. Da die historische Nagianta über mehrere Jahrhunderte benutzt wurde, gibt es viele Spielarten hiervon, zum Beispiel war die Klinge unterschiedlich stark gebogen bzw. variierte in der Länge. Meistens befand sich an einem Griffende auch eine kleine Metallspitze, mit der zugestochen werden konnte.
Die mittlere Form im obigen Schema zeigt eine Naginata, deren Griff aus Eiche und deren "Klinge" aus flexiblen Bambusstreben besteht. Die Holz-Bambus-Variante ist die primäre Trainingswaffe in der Sportart Naginata, die im normalen Training und auf Wettkämpfen benutzt wird.
Historisches zur Waffe Naginata
Es ist nicht bekannt, wann genau die Naginata entwickelt wurde, aber der frühste Beleg stammt aus dem 11. Jahrhundert und ist eine bildliche Darstellung. Die Naginata gehörte seit jener Zeit lange zur Standartausrüstung eines Samurai. Auch bei den japanischen Kriegermönchen, den Sohei, war sie eine beliebte Waffe.
Da eine Naginata über zwei Meter lang ist, kann sie mit sehr viel Schwung geführt werden, so dass kraftvolle Schnitte möglich werden. Die Schattenseite ist allerdings, dass zugleich auch sehr viel Platz zum Kämpfen benötigt wird. Deshalb musste die Naginata das Schlachtfeld "verlassen" als der Formationskampf mit großen Heeren an Bedeutung gewann. Sie wurde aber nicht vergessen, sondern fand einen neuen Einsatzort:
Aufgrund der großen Reichweite und der Hebelwirkung erhielten adlige Frauen vom 17. bis zum 19. Jahrhundert Naginata-Unterricht, um im Notfall Haus und Hof verteidigen zu können.
Der Budosport
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Naginata als Sportart in japanischen Schulen eingeführt, wurde jedoch nach dem zweiten Weltkrieg unterbunden, da sie als zu militaristisch galt. Erst in den 1950ern lebte die Sportart Naginata wieder auf und kehrte an die Schulen und Dojos in ganz Japan zurück.
Dies ist auch die Zeit, in der standardisierte Regeln für Naginata-Wettkämpfe aufkamen, so wurde unter anderem ein Punktesystem eingeführt, das bis heute Gültigkeit hat.
Ein weiterer großer Unterschied zwischen dem Budo-Sport Naginata und der Kriegskunst ist das Repertoire an Bewegungen, das einem Kämpfer zur Verfügung steht. Es blieben zwar große, runde Bewegungen, die viel Raum benötigen, erhalten. Dagegen mussten zum Beispiel Schnittbewegungen von unten nach oben völlig wegfallen werden.
Der Grund: Im Naginata-Wettkampf sind die Sportler durch eine spezifische Rüstung (Bôgu) geschützt, die allerdings nicht den gesamten Körper, sondern nur bestimmte Bereiche abdeckt. Um das Verletzungsrisiko im Freikampf zu minimieren, mussten entsprechend einige Angriffstechniken für den Wettkampfbereich verboten werden.
Um allerdings nicht die alte Kriegskunst ganz in Vergessen geraten zu lassen, entstand in den 1970er Jahren die so genannte Zen Nihon Naginata Kata. Dahinter stecken fest definierte Bewegungsabläufe, die mögliche Kampfsequenzen imitieren. Es gibt einen Angreifer und einen Verteidiger, der erfolgreich die Angriffe kontert. Auf diese Weise werden traditionelle Aspekte bewahrt. Neben der Sportart Naginata und der Zen Nihon Naginata Kata gibt es sehr viele traditionelle Stile, von denen viele nur noch in Japan gelehrt werden.
Der Wettkampf
Der sportliche Wettkampf ist ein wichtiges Element im Naginata. Es gibt zwei Wettkampfarten, die in diesem Kapitel kurz vorgestellt werden und die beide auf den meisten offiziellen Turnieren zu finden sind: Engi und Shiai.
Auch wenn viele Naginata-Sportler auf Wettkämpfen starten und das Üben des Freikampfes (Shiai) fest zum normalen Training gehört, besteht hier kein Zugzwang. Es ist durchaus möglich viele Jahrzehnte Naginata zu machen, ohne je bei einem Turnier zu starten.
- Engi
Beim Engi treten zwei Paare ohne Rüstung (Bôgu) gegeneinander an und es wird die Teamleistung bewertet. Dabei ist das Zusammenspiel der Partner ein wesentliches Kriterium, das über Sieg oder Niederlage entscheidet. Denn beide Paare führen bestimmte Bewegungsabläufe (Angriffe und Gegenangriffe) vor und es gewinnt das Paar, bei dem die Geisteshaltung, die Bewegungen und die Zusammenarbeit besser sind.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Bewegungsabläufen, die sich sowohl hinsichtlich der verwendeten Waffenvariante als auch in ihren konkreten Bewegungsmustern unterscheiden.
Für Shikake Ôji wird eine Trainingswaffe aus Eiche und Bambus benutzt. Für die Formen der Zen Nihon Naginata Kata greifen die Sportler hingegen zu einer Trainingswaffe aus Vollholz, die in ihrer Form einer historischen Naginata ähnlich ist.
- Shiai
Im Freikampf, dem Shiai, treten zwei Naginata-Kämpfer in Rüstung (Bôgû) gegeneinander an. Beide dürfen nur mit einem umfangreichen Set an Techniken angreifen, können diese aber beliebig kombinieren. Außerdem dürfen nur die geschützten Stellen des Gegners angegriffen werden.
Die erlaubten Trefferflächen sind die über den ganzen Körper verteilt:
Es gibt mehrere Möglichkeiten einen Kampf für sich zu entscheiden: Durch einen Punktvorsprung nach Ablauf der Kampfzeit oder bei Gleichstand durch einen Schiedsrichterentscheid (Hantei). In einem Naginata-Shiai können maximal zwei Punkte von einem Kämpfer erreicht werden. Schafft er dies, ist der entsprechende Kampf sofort beendet.
Die besondere Herausforderung im Shiai liegt darin, dass nicht jeder Treffer auch als Punkt von den drei Schiedsrichtern gewertet wird. Vielmehr müssen mehrere Faktoren gleichzeitig erfüllt werden:
- Korrekte Technik
- Der Kampfschrei (Kiai) ist zeitgleich mit dem Auftreffen der Waffe auf einer erlaubten Trefferfläche.
- Der Angriff muss präzise sein und beabsichtigt sein; Zufallstreffer gelten nicht als Punkte.
Ein Shiai stellt hohe körperliche und geistige Anforderungen an einen Kämpfer. Sowohl Reaktionsgeschwindigkeit als auch Körperbeherrschung, Ausdauer und Konzentration werden benötigt, um den Wettkampf für sich zu entscheiden. Daher ist die reguläre Kampfzeit auf drei Minuten beschränkt. Sollte danach noch kein Gewinner feststehen, kann in der Verlängerung von einer Minute weiter gekämpft werden.
Der erste Punkt, der in der Verlängerung gemacht wird, ist entscheidend den Kampf. Bei einigen Turnieren wird zudem auf den Schiedsrichterentscheid (Hantei) zurück gegriffen. Hier erklären die Schiedsrichter den besseren Kämpfer zum Sieger, wenn nach dem Kampf Gleichstand besteht. Ein Hantei kann nach dem Ablauf der regulären Kampfzeit genutzt werden oder nach Verlängerung.
Wer kann mitmachen?
Jeder, der mitmachen möchte. Naginata kennt keinen Altersgrenze nach oben, denn jeder leistet nur das, was er möchte und kann, denn Naginata ist nicht nur ein Sport. Wer bei uns trainieren möchte, braucht auch keine Vorkenntnisse irgendeiner Art und nicht einmal eine spezielle Ausrüstung. Anfängern wird das Material für das Training gestellt.
Bitte meldet euch bei einem der Übungsleiter vorab, wenn ihr mit uns trainieren möchtet, damit wir euch eine Leihwaffe mitbringen können.
Martin Röthig